Wenn man ein unkompliziertes erwachsenes und erst recht ein junges oder verdorbenes Pferd betreut, sollte man mit ihm die Grundlagen am Boden erarbeiten. Man lernt sich dadurch besser kennen, schult die Kommunikation und stärkt das gegenseitige Verständnis und die Beziehung zueinander. Die Bindung des Pferdes an den Besitzer wird wesentlich intensiver, weil man sich quasi auf der Ebene des Pferdes begegnet und gemeinsam Aufgaben bewältigt. Auf dieser Basis kann man Vertrauen und Respekt in ein gutes Gleichgewicht bringen.
Wenn ein Pferd immer wieder im Roundpen herumgescheucht wird, zeigt es vielleicht aus Angst das erwünschte Verhalten, baut jedoch keine tiefe Beziehung zum Menschen auf. Stattdessen kann man mit detaillierten Führübungen und Bodenarbeit das Vertrauen des Pferdes stärken und souverän seinen Respekt einfordern. Wenn man es dazu bringen will, alle Einwirkungen des Menschen zu befolgen, muss man Respektlosigkeiten sofort korrigieren. Dafür lässt man es die Übung oder Situation sofort in der richtigen Weise wiederholen, also im korrekten Abstand, in der richtigen Gangart, im gewünschten Moment usw. Je früher man das unrichtige Verhalten korrigiert, desto einleuchtender ist es für das Pferd. Es kommt also nicht darauf an, möglichst massiv oder einschüchternd, sondern unmittelbar beim Überschreiten der Grenze (um einen Zentimeter, um eine Sekunde etc.) auf das Pferd einzuwirken. Danach wird ihm konkret erklärt, wie und wohin es sich bewegen soll, z. B. Weichen mit Vor- oder Hinterhand, Abstand zum Menschen etc. Nebenbei wird die vorher korrigierte Situation in verschiedenen Varianten und Kombinationen geübt und bei richtiger Ausführung deutlich belohnt.
Gleichzeitig wird das Vertrauen des Pferdes größer, denn durch das souveräne Anleiten in kleinen Lernschritten kann man es oft bestätigen. Führübungen über Bodenarbeitshindernisse, wie Labyrinth, Stangen-L, Stern, Plane, Engpass usw. werden allmählich körperlich anspruchsvoller, aber auch interessanter und einleuchtender für das Pferd, weil es optisch begrenzt wird. Letztlich soll jedes Pferd auf feine Signale des Menschen reagieren und gymnastiziert werden. Später lernt es, seinen Körperschwerpunkt nach hinten zu verlagern, und wird damit auf schwierigere Lektionen, auch unter dem Reiter, vorbereitet. Arbeitet man es nicht nur an der Hand, sondern auch geritten über Bodenarbeitshindernisse, wird es auch unter dem Reiter Vertrauen aufbauen. Für das Pferd macht es einen großen Unterschied, ob es geführt oder geritten wird, denn der Mensch befindet sich entweder auf derselben Ebene neben dem Pferd oder oberhalb auf seinem Rücken. Dadurch wird jedes Pferd rittiger und lernt mit Bodenarbeitshindernissen effektiver, sich mit dem Reiter auszubalancieren.
Gelassenheitstraining
Bodenarbeit und Gelassenheitstraining gehen in der Regel in einander über, denn um die Arbeit interessant zu halten, wird beständig kombiniert und ergänzt. Normale Bodenarbeitshindernisse erweitert man durch spezifische Angstauslöser, wie Plastikplanen, Fahnen, Motorfahrzeugen, Wasserwannen, Knall- und Sprühgeräusche etc. Dabei sollte man immer auf eine Steigerung achten, wenn ein Gegenstand oder eine Situation gelernt und gelassen gemeistert wird. Es hat wenig Sinn, über Wochen die identischen Reize zu trainieren, die das Pferd längst akzeptiert hat. Stattdessen sollte man kreativ und abwechslungsreich immer neue Eindrücke vermitteln, damit das Pferd beginnt, solche Angstauslöser zu verallgemeinern und zuverlässig seinen Fluchtreflex zu unterdrücken. Wichtig ist immer, dass nicht das Angst-Haben bestätigt wird, sondern das Überwinden der Angst. Wenn das Pferd also mit angespannten Muskeln und hoher Kopfhaltung alle Viere in den Boden stemmt, sollte man in diesem Moment nicht mit Futter locken, streicheln oder füttern. Erst wenn es den Kopf senkt und einen Schritt vorwärts macht, wird es belohnt. In keinem Fall darf man Zwang auf ein Pferd mit Angst ausüben, denn dadurch wird das Vertrauen zerstört.